1. Geschichte der Humboldt-Universität zu Berlin

Die Gründung einer Universität in Berlin war erstmals Ende des 18. Jahrhunderts im Gespräch. Nach 1800 gingen in der Folge wesentliche Impulse von herausragenden Wissenschaftlern dieser Zeit aus, u. a. von den Philosophen Johann Gottlieb Fichte und Friedrich Schleiermacher, deren Reformideen Wilhelm von Humboldts Universitätskonzeption beeinflussten. Danach sollte eine „Universitas litterarum“ entstehen – in der die Einheit von Lehre und Forschung verwirklicht und die Studierenden allseitig humanistisch bilden sollte.
 

Die Gründung 1810

Zum Zeitpunkt ihrer Gründung im Oktober 1810 bestand die Berliner Universität aus den vier klassischen Fakultäten Jura, Medizin, Philosophie und Theologie. Anfänglich stand der Universität die Königliche Bibliothek zur Verfügung, 1831 erhielt sie eine eigene Universitätsbibliothek.

1829 wurde die „Charité“ als Medizinische Fakultät in die Universität eingegliedert. Sie war aus dem 1710 vor den Toren der Stadt errichteten Pesthaus hervorgegangen und wurde 1727 in „Charité“ umbenannt. Die 1790 eröffnete Tierarzneischule und das Museum für Naturkunde wurden  später Teil der Humboldt-Universität. 1934 wurde die Universität um die Landwirtschaftliche Fakultät erweitert, die heute Teil der Lebenswissenschaftlichen Fakultät ist.

Die heutige Universität trug von 1828 bis 1945 den Namen „Friedrich-Wilhelms-Universität“. 29 Nobelpreisträger, unter ihnen Albert Einstein, Max Planck und Fritz Haber, waren im Verlaufe ihrer Lehr- und Forschungstätigkeit mit der Berliner Universität verbunden und trugen zu ihrem bis heute anhaltend ausgezeichneten wissenschaftlichen Ruf bei.

Der Nationalsozialismus hinterließ auch an der Berliner Universität tiefe Spuren. Zahlreiche jüdische Wissenschaftler und Studierende wurden entlassen und exmatrikuliert; Mitglieder der Universität beteiligten sich an der Bücherverbrennung am 10. Mai 1933. Ihrer Vergangenheit Rechnung tragend, sieht sich die Humboldt-Universität zu Berlin heute verpflichtet, neben der großen Offenheit einer Universität in demokratischem Umfeld in der Mitte der Bundeshauptstadt ständig ihre Position gegenüber Politik und Gesellschaft zu überprüfen.
 

Der Wiederaufbau nach 1945

Im Januar 1946 der Lehrbetrieb an der stark zerstörten Universität wieder aufgenommen – zunächst in sieben Fakultäten. Schnell auftretende Konflikte um die kommunistische Einflussnahme auf die Universität führten zu einer Spaltung im Lehrkörper und der Studentenschaft und daraufhin im Dezember 1948 zur Gründung der Freien Universität im westlichen Teil der Stadt.

Seit 1949 trägt die Universität Unter den Linden den Namen der Brüder Alexander und Wilhelm von Humboldt. Die Hochschulentwicklung in der DDR brachte an der Humboldt-Universität Strukturen hervor, die stark von früheren akademischen Traditionen abwichen und Studieninhalte, Studienablauf und Forschungsbedingungen völlig veränderten. Der Staat kontrollierte die Entwicklung der Universität. Trotzdem konnte die Universität in einer Reihe von Wissenschaftsgebieten ihren Ruf festigen und zu neuem internationalen Ansehen gelangen.
 

Humboldt-Universität heute

Durch die deutsche Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 wurde Berlin eine Stadt mit vier Universitäten. Die Humboldt-Universität gab sich neue wissenschaftliche Strukturen: Inhalte wurden evaluiert, verändert und neu definiert. Es wurden etwa 500 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler neu bzw. erneut berufen. Damals waren ost- und westdeutsche Professorinnen und Professoren jeweils etwa zur Hälfte vertreten. 30 Prozent der Berufenen sind inzwischen Frauen.

Die Humboldt-Universität besteht heute aus neun Fakultäten, interdisziplinären Zentren und Einrichtungen, Clustern und Graduiertenschulen. Derzeit studieren an der Humboldt-Universität zusammen mit der Medizinischen Fakultät 38.000 Studierende, mehr als 16 Prozent von ihnen kommen aus dem Ausland. Damit hat sich die Universität nach der politischen Wende und der internen Umstrukturierung zu einer der attraktivsten bundesdeutschen Hochschulen entwickelt.

Sie hat ein einzigartig vielfältiges Fächerangebot – insbesondere in den Geisteswissenschaften – und zählt insgesamt 190 Studiengänge. Zum Studienangebot gehören viele „kleine“ Fächer wie Biophysik oder Altgriechisch ebenso wie die „großen“ Fächer Rechtswissenschaften und Medizin. Es wird eine breite Palette an Lehramtstudiengängen angeboten, einschließlich der Rehabilitationswissenschaften mit ihren Spezialisierungsrichtungen.

Mit dem neu entstandenen und weiter in Entwicklung befindlichen naturwissenschaftlichen Campus in Berlin-Adlershof bietet sich die einmalige Möglichkeit, Naturwissenschaften in engem Zusammenhang mit anderen Forschungseinrichtungen und unmittelbarer Anwendung in modernen Hightech-Firmen zu studieren. Der Campus Adlershof ist von einem Wissenschaftspark umgeben, in dem kleine und mittlere Unternehmen mit nicht-universitären Forschungsinstituten und der Universität kooperieren und ein integratives und fruchtbares Forschungsumfeld bilden.

Seit 2012 ist die Humboldt-Universität eine von elf Exzellenzuniversitäten der Bundesrepublik Deutschland. Im Rahmen der Exzellenzinitiative von Bund und Ländern schnitt die Universität in allen drei Förderlinien erfolgreich ab (Zukunftskonzepte, Exzellenzcluster, Graduiertenschule). Im Wettbewerb und in der regulären universitären Forschung hat Interdisziplinarität in der Beantwortung von Forschungsfragen einen hohen Stellenwert an der Universität. Fragen der Neurowissenschaften werden philosophischen Perspektiven geöffnet; die Interaktion von Mensch und Umwelt stellt Fragen aus vielen Bereichen zur Klimaforschung und die Entwicklung neuer Materialien bespielt die Schnittstellen von Chemie und Physik; ein Zentrum für Migrationsforschung stellt Fragen nach der Entwicklung von Gesellschaften in Europa und in der Welt.

Auch innerhalb der akademischen Disziplinen selbst ist die Universität stark. Laut dem Times Higher Education (THE) World University Rankings vom September 2019 liegt die Humboldt-Universität zu Berlin auf Platz 4 in Deutschland und auf Platz 74 weltweit. Ihr wissenschaftlicher Erfolg zeigt sich in vier Exzellenzclustern, 18 Sonderforschungsbereichen (SFB), der Einrichtung von 10 Graduiertenkollegs und der Beteiligung an neun weiteren, 43 Graduiertenschulen und -programmen, einem Forschungszentrum und 12 von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Forschergruppen sowie zahlreichen weiteren drittmittelfinanzierten Forschungsprojekten. In den letzten Jahren konnte die Humboldt-Universität die Drittmittelförderung für Forschungsaktivitäten weiter ausbauen auf ca. 284 Mio. € im Jahr 2019 (inklusive Charité).
 

Eine internationale Universität

Die Humboldt-Universität ist eine der führenden lehr- und forschungsorientierten Universitäten Deutschlands und spielt eine zentrale Rolle im globalen akademischen Dialog. Überall auf der Welt beteiligen sich strategische Partner an der internationalen Agenda der Humboldt-Universität, indem sie kritische Fragen erforschen, bei denen nur gemeinsame Forschung Ergebnisse verspricht; ihre Netzwerke und Allianzen stärken die internationale Lehre und Forschung. Regionale und europäische Netzwerke wie die Berlin University Alliance (mit der Freien Universität, der Technischen Universität und der Universitätsmedizin Charité) und Circle U, eine durch ERASMUS geförderte Partnerschaft mit norwegischen, belgischen, dänischen, britischen und französischen Partnern, ergänzen das Potenzial und die eigenen Stärken der Humboldt-Universität.

Die internationale Anziehungskraft der HU und ihr Bekenntnis zur Exzellenz werden durch die große Zahl internationaler Besucher jedes Jahr deutlich - die Wissenschaftler/innen, Studierenden und Mitarbeiter/innen der Universität treffen die Welt auf ihrem Heimatcampus. Dem ERASMUS-Programm kommt in diesem Zusammenhang eine besondere Bedeutung zu, denn durch dieses werden Mobilitäts- und Ausbildungsmaßnahmen großzügig fördert. Andere Förderorganisationen wie der Deutsche Wissenschaftsrat, der DAAD sowie verschiedene Ministerien gestalten die Intensität der internationalen Projektarbeit mit. Auch bei der Beantragung von Fördermitteln der EU ist die Universität seit vielen Jahren sehr erfolgreich.

Das neue europäische Konsortium "Circle U" und seine Finanzierung sowie die übergeordnete Entwicklung digitalisierter Internationalisierungsaktivitäten werden die Entwicklung der Lehrmobilität, der digitalen Forschungszusammenarbeit und der gemeinsamen Personalarbeit intensivieren. Damit kann die Universität auf die Grundgedanken der Internationalisierung zurückgreifen: die zentrale Rolle des internationalisierten Lernens über Kulturen und die eigene Antwort darauf, die Erzeugung von Multiperspektivität bei Studierenden, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und den Wert gemeinsamer Forschung zu gemeinsamen Fragen von globaler Bedeutung.

Viele Programme an der Humboldt-Universität haben in der Vergangenheit ein solches Lernen unterstützt, gewinnen unter den Beschränkungen einer Pandemie aber neue Impulse. Zu lernen, wie andere die Welt verstehen, ist in Zeiten der Krise umso wichtiger. Die Humboldt-Universität wird in jedem Fall eine aktive Rolle in der internationalen Vernetzung spielen.