Waeil Al-Youssef, Syrien

Von Syrien nach Berlin, zwischen Photosynthese und Engagement: Seit Oktober 2018 forscht Dr. Waeil Al-Youssef mit einem Philipp Schwartz-Stipendium am Institut für Biologie der HU. Mit der Philipp Schwartz-Initiative, die 2016 von der Alexander von Humboldt-Stiftung gemeinsam mit dem Auswärtigen Amt ins Leben gerufen wurde, werden 24-monatige Forschungsaufenthalte gefährdeter WissenschaftlerInnen an deutschen Hochschulen gefördert. An der HU sind neben Dr. Al-Youssef zur Zeit noch zwei weitere Philipp Schwartz-Stipendiaten tätig. Im Gespräch mit HU International berichtet Dr. Al-Youssef von seiner Arbeit mit Grünalgen, aber auch über sein Ehrenamt im Vorstand der Union of Scientists ‚Albert Einstein’.

Dr. Al-Youssef, Sie sind 2015 nach Deutschland gekommen und arbeiten seit Oktober 2018 als Gastwissenschaftler in der Arbeitsgruppe Pflanzenphysiologie von Prof. Dr. Bernhard Grimm. Wie verlief Ihr Start?

Al-Youssef: Vielen Dank für die Gelegenheit über meine Arbeit sprechen zu können. Ich fühle mich sehr geehrt, an einer angesehenen Universität wie der HU und in der AG Pflanzenphysiologie unter der Leitung von Professor Grimm tätig zu sein. Die Atmosphäre am Institut ist sehr angenehm und freundlich. Die Bedingungen zum erfolgreichen Forschen sind ausgezeichnet. Ich schätze mich sehr glücklich mit meinen KollegInnen, nicht nur weil sie sehr professionell sind, sondern auch, weil sie mit Rat und Tat zur Seite stehen, damit die Forschung in die richtige Richtung läuft. Außerdem haben wir wöchentliche Seminare am Institut, die mir persönlich helfen, mich mit aktuellen Diskussionen und Studien vertraut zu machen.

Bevor ich im November 2015 nach Berlin gekommen bin, hat sich meine Forschung auf die Molekularbiologie konzentriert. Ich war in Russland und Syrien als Experte für Genetik tätig. Nach meiner Ankunft in Berlin konnte ich von 2016 bis 2017 ein Praktikum am Robert Koch Institut, in der Abteilung für Infektionskrankheiten und der Arbeitsgruppe zur “Epidemiologie hochpathogener Erreger”, absolvieren. Mein Fokus lag auf der Nutzung unterschiedlicher Methoden der Biotechnologie (z.B. Klonen, DNA-Sequenzierung und Serologie). Dies erleichtert mir nun die Arbeit mit neuen und fortgeschrittenen Technologien.

Sie arbeiten unter anderem an Grünalgen wie Chlamydomonas reinhardtii. Was ist so faszinierend an diesen Pflanzen und wie helfen sie uns, Photosynthese besser zu verstehen?

Al-Youssef: Meine Arbeit in der Pflanzenphysiologie AG von Professor Grimm konzentriert sich auf das Enthüllen und Beschreiben noch nicht kategorisierter Regulierungsmechanismen, welche die Biosynthese von Tetrapyrrolen steuern. Tetrapyrrole sind die Moleküle, die Farbe in unsere Welt bringen. Sie sind die meist verbreiteten Pigmente in der Natur, erfüllen weitreichende biochemische Funktionen und finden sich in den meisten bekannten Organismen.

Chlamydomonas reinhardtii dient uns als Modellorganismus. Die Alge stellt sowohl einen exzellenten Untersuchungsgegenstand als auch ein Werkzeug dar, um genetische, physiologische und biochemische Prozesse zu erforschen. Dazu gehören u.a. Photosynthese, Zellwandgenese oder Phototaxis, was die Bewegung von Zellen unter Lichteinstrahlung beschreibt. Außerdem untersuchen wir, wie der Organismus auf unterschiedliche Stressreize reagiert.

Neben Ihrer Forschung engagieren Sie sich auch im Vorstand der Union of Scientists ‘Albert Einstein’. Was ist das Ziel der Organisation?

Al-Youssef: Die Union ist in ihrer Zusammensetzung einzigartig, da all ihre Gründungsmitglieder geflüchtete AkademikerInnen und WissenschaftlerInnen sind. In erster Linie ist es ein gemeinnütziger Verein von und für geflüchtete AkademikerInnen. Wir wollen zeigen, dass wir, trotz Flucht, über Wissen, Expertise und Erfahrungen verfügen, die wir sowohl in der Wissenschaft als auch in den neuen Gesellschaften, in denen wir nun leben, einbringen können.

Wir wollen geflüchtete AkademikerInnen darin unterstützen, ihre Arbeit fortzuführen und die Freiheit der Wissenschaft zu bewahren. Außerdem versuchen wir, Regierungen und Organisationen dazu zu bewegen, ein größeres Augenmerk auf Flüchtlingspolitik zu richten.

Ihre Forschung an der HU wird durch die Philipp Schwartz-Initiative gefördert und Sie werden durch das Scholars At Risk-Netzwerk unterstützt. Welche Erfahrungen haben Sie mit dieser Initiative und Organisation bisher gemacht?

Al-Youssef: Hier möchte ich der Alexander von Humboldt-Stiftung meinen Dank aussprechen. Sie verschafft mir mit ihrer Förderung die Gelegenheit, meine Forschungen an einer angesehenen Universität wie der Humboldt-Universität zu Berlin fortzuführen. Das Scholars At Risk-Netzwerk sowie die Stabsstelle Internationalisierung der HU, zusammen mit der Unterstützung von Professor Grimm, haben eine ganz entscheidende Rolle in meinem Bewerbungsverfahren gespielt. Und diese Kooperation verlief auf allen Ebenen höchst professionell.

Zum Abschluss: Was sind Ihre Pläne und Hoffnungen für die nähere und fernere Zukunft?

Al-Youssef: Ich hoffe vor allem, dass ich bald wieder mit meiner Familie vereint sein werde. Während meiner Unterbringung als Geflüchteter in Berlin musste ich zahlreiche Hindernisse überwinden, aber die schmerzlichste Erfahrung ist es, so weit weg von meiner Familie zu sein: meiner Frau und unserer dreijährigen Tochter. Auch hier spielen die Stabsstelle Internationalisierung und die International Scholar Services der HU eine wichtige Rolle bei der Suche nach einer Lösung.

Insgesamt habe ich bisher viele positive Erfahrungen gemacht. Ich habe bereits sehr stark an meinen Deutschkenntnissen gearbeitet, habe viele Kurse besucht und auch in meinem Forschungsfeld Praktika absolviert. All das hat viel Zeit beansprucht. Es war nicht leicht, aber sehr wichtig für mich und meine zukünftige Arbeit. Und natürlich denke ich, dass die Forschung am Institut für Biologie ein wichtiger Schritt auf dem Weg in meine professionelle Zukunft ist.

(Interview und Übersetzung aus dem Englischen, Björn Blaß)

Weitere Informationen zu Waeil Al-Youssefs Engagement und der Union of Scientists ‚Albert Einstein’ finden Sie hier.

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