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Po­si­tiv blei­ben! Mei­ne An­kunft in Neu-De­lhi

Ein Auslandssemester in Neu-Delhi birgt viele Herausforderungen; die meisten unerwartet. In meinem Blog erzähle ich euch von meinen ersten Tagen in Neu-Delhi. Vor allem, was schiefgelaufen ist, aber auch wie mir immer wieder großzügig geholfen wurde.

Porträt von Paula.
Schon in den ersten vier Tagen in Indien musste ich Herausforderungen meistern und habe viel gelernt. (Foto: privat)

Bereits vor meiner Ankunft in Neu-Delhi war mir bewusst, dass dieses Auslandssemester für mich eine große Herausforderung sein würde. Von der Größe der Stadt, über kulturelle Unterschiede und natürlich die Hitze, bis hin zu “Bucket-Duschen.” Trotz vieler Vorwarnungen, hätte ich aber nie vorhersehen können, was in den ersten Tagen eines Auslandssemesters alles schiefgehen kann und dass es am Ende dann doch nicht so schlimm ist, weil man oft auf hilfsbereite Menschen trifft.

Ankunft mit Albtraumszenario

Zur Sicherheit, hatte ich mir vor meinem Abflug extra ein Hotelzimmer in Campusnähe gebucht. Dabei hatte ich ganz bewusst nicht das günstigste Hotel gewählt und vorher per Email Kontakt aufgenommen, damit ganz sicher alles glattgeht. Meine Überraschung ist also sehr groß, als ich nach meinem zwölfstündigen Flug in dem Hotel stehe und mir mitgeteilt wird, dass mir kein Zimmer angeboten werden kann. Ich gerate in Panik, denn ohne SIM-Karte in Neu-Delhi gestrandet zu sein, ist für mich ein absolutes Albtraumszenario. Über das Hotel-WiFi rufe ich die einzige Person an, die ich bisher in Neu-Delhi kenne: Vivek. Er arbeitet in der Administration der Jawaharlal Nehru University (JNU), und ich habe seine Nummer von einem ehemaligen internationalen Studenten der JNU erhalten.

Innerhalb von 30 Minuten holt mich Vivek vom Hotel ab und setzt mich mit einer Tasse Chai und einem Frühstück in sein Wohnzimmer. Den folgenden Tag verbringen wir mit dem JNU-Registrierungsprozess: Eine langwierige Prozedur, die etwa 15 Fotos, viele Pass- und Visakopien, ein ärztliches Attest und nicht zuletzt Geduld erfordert. Die meisten Verwaltungsangestellten an der Universität sprechen nur Hindi. Englisch ist zwar eine offizielle Sprache in Indien, das gilt in Neu-Delhi allerdings nur in jüngeren oder akademischen Kreisen. Auch als ich keine Fotos mehr habe, bleibt Vivek ruhig und findet schnell eine Lösung: Es gibt einen Fotografen auf dem Campus; wir werden Mittag essen, um die Zeit zu überbrücken, bis er öffnet, und dann unseren Papiermarathon fortsetzen, der sich über die nächsten zwei Tage hinzieht.

Hindernisse und Hilfsbereitschaft

Dabei stelle ich fest, dass ich trotz der komplizierten Verwaltungsabläufe und der Sprachbarriere mit großer Geduld und aufrichtiger Freundlichkeit behandelt werde. Ich habe schnell gelernt, dass, obwohl ich mit vielen unbekannten Situationen und manchmal unverständlichen Abläufen konfrontiert bin, an fast jeder Station ein hilfsbereiter Mensch anzutreffen ist. An der JNU steht es außer Frage, dass ein Atithi, was in Hindi "jeder Gast" bedeutet, jeder, der unerwartet an einem beliebigen Tag und zu einer beliebigen Zeit kommt, willkommen ist und aufgenommen wird.

Ich stehe aber noch vor einem weiteren Problem. Bevor ich nach Neu-Delhi flog, wurde mir gesagt, dass ich in einem der Wohnheime auf dem Campus wohnen könne. Bei meiner Ankunft erfuhr ich jedoch, dass die Vizekanzlerin der Universität beschlossen hatte, für Austauschstudent:innen keine Plätze mehr in der Unterkunft zur Verfügung zu stellen. Dennoch ist Vivek fest entschlossen, mir einen Platz in einem Wohnheim auf dem Campus zu besorgen. Wir gehen von Büro zu Büro, und jedes Mal lautet die Antwort nein.

Positiv bleiben: Beharrlichkeit lohnt sich!

An diesem Punkt hätte ich vermutlich aufgegeben, irgendwo in Delhi ein Airbnb gebucht und gehofft das ich nach einer Weile doch noch ein Zimmer in der Stadt finde. Immerhin gibt es in Süd-Delhi viele Stadtteile, die man als Ausländerin tagsüber auch alleine erkunden kann. Die Busse kommen zwar nicht immer pünktlich, aber wesentlich öfter als auf Google Maps vermerkt. Eine Wohnung oder ein Zimmer in Campusnähe zu mieten, ist also auch eine gute Möglichkeit, um die Stadt zu erkunden und mitten im Trubel zu sein. Ich bin überrascht, dass Vivek unermüdlich nachhakt. Tatsächlich wird fast jedes Nein zu einem Vielleicht, und schließlich werden einige sogar zu einem Ja. Eine weitere wichtige Lektion für jeden, derdie Indien besucht: Die erste Antwort ist immer nein, aber Ausdauer und Beharrlichkeit bringen einen weiter als man denkt.

Nach vier Tagen in Neu-Delhi kann ich in mein Wohnheimzimmer einziehen und endlich aufatmen. Ich denke an die letzte Lektion, die Vivek mir mitgegeben hat, als ich nach einem langen Tag voller Neins und Vielleichts überwältigt war: “Paula, du musst positiv bleiben. Deine Denkweise muss positiv bleiben.” Das würde ich auch jeder und jedem raten, die:der mit dem Gedanken spielt, nach Indien zu kommen: Dinge mögen unmöglich erscheinen, aber bleib positiv; mit Geduld und Beharrlichkeit findet sich immer ein Weg!

(Veröffentlicht: 04.09.2023)

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